Oase: Man sollte den Bahnhof Siggenthal verschieben und die Limmattalbahn anders führen

Der Badener alt Stadtrat Kurt Wiederkehr beleuchtet in seinem Gastbeitrag einzelne Punkte der Oase und bringt Vorschläge in die Debatte ein.

Der Mobilitätsbedarf in und durch unsere Region wird weiter steigen, auch wenn man sich das anders wünschen mag. Ursache ist nicht nur die Bevölkerungszunahme, sondern auch Entwicklungen im Arbeits-, Einkaufs- und Freizeitbereich.

Ebenso klar ist, dass auch künftig Kompromisse nötig sind und Fussgänger, Velofahrer, MIV- und ÖV-Nutzer (weibliche Form selbstverständlich immer mit gemeint), aber auch Anwohner von ihren Idealvorstellungen Abschied nehmen müssen.

Eine regionale Verkehrsstrategie sollte als erstes darauf hinwirken, dass möglichst viel unseres eigenen Mobilitätsbedarfs zu Fuss, mit dem Velo und vor allem (weil Distanzen oft einige Kilometer lang und das Wetter nicht immer optimal ist) mit Bus und Bahn abgedeckt wird. Im Zentrum muss also die Frage stehen, wie man das Zu-Fuss-Gehen, das Velofahren und die Benutzung des ÖV noch attraktiver machen kann, insbesondere was Berufspendler und Einkaufsverkehr betrifft.

Der Bahnhof Siggenthal Station könnte verschoben werden
Wie bringt man beispielsweise mehr Berufspendler dazu, die Bahn für die Fahrt vom unteren Aaretal ins Mittelland, vor allem aber ins Limmattal zwischen Baden und den Grossraum Zürich zu nutzen? Sicher nicht indem der Viertelstundentakt ins untere Aaretal erst für 2040/45 «geprüft wird» (Anhörungsbericht Seite 14)!

Attraktiv wird die Bahn etwa, wenn Pendler auf dem Heimweg gleich noch ihre Einkäufe erledigen können und nur für die Reststrecke den Bus, das Velo, oder, wenn es nicht anders geht, den Privatwagen brauchen müssen.

Daraus folgt etwa, dass der Bahnhof Siggenthal Station, samt allen Buslinien und einem grosszügigen Parkierungsangebot, zum Einkaufszentrum Aarepark verschoben werden sollte. Dass ein solches Knotenkonzept funktioniert, lässt sich an der Haltestelle Mellingen -Heitersberg besichtigen.

Lieber mit dem Bus von Neuenhof nach Baden
Kein Neuenhofer mit Verstand wird die Limmattalbahn (LTB) nutzen, wenn er ins Zentrum von Baden mit seinen Schulen, Arbeitsplätzen, Einkaufsmöglichkeiten und Schnellzugshalten gelangen will. Er würde sich ja sonst zuerst in die Gegenrichtung bewegen und dann durch die Wettinger Landstrasse ruckeln, die für eine rasche Fahrt auf einem separaten Trassee viel zu eng ist.

Gescheiter und auch kostengünstiger wäre (wenn überhaupt) eine direkte Linienführung der LTB vom Bahnhof Spreitenbach in den Raum Tägerhard, dann zum Bahnhof Wettingen, weiter auf dem bestehenden Trassee der Nationalbahn zum Bahnhof Oberstadt und mit einem Tunnel zum Bahnhof Baden.

Mit diesem Tunnel wäre dann auch der aufwändigste Teil einer leistungsfähigen Verbindung in den von OASE vernachlässigten Raum Fislisbach – Rohrdorferberg – Mellingen geschaffen. Für die Strecke Neuenhof – Baden ist ein Bus durch die Neuenhoferstrasse beliebig viel schneller als die LTB auf dem bisher vorgesehenen Trassee.

Lösungen für den Veloverkehr sucht man vergeblich
Die mangelnde Sicherheit dürfte für viele ein Grund sein, kein Velo zu benutzen. Nach einer längst fälligen Beseitigung von bekannten Gefahrenbereichen wie die innere Mellingerstrasse in Baden oder die Engnisse bei Wil – Turgi steht das Linksabbiegen über eine oder mehrere Fahrbahnen zuvorderst.

Lösungsvorschläge, welche bei schlechter Witterung oder starkem Verkehr auch routinierten Velofahrenden helfen würden, findet man in der langen Liste des entsprechenden Spezialberichtes nicht.

Bejubelte Velovorzugsroute als Umweg
Ein grosser Vorteil des Velos ist die Geschwindigkeit auf kurze oder mittlere Distanz. Nichts gegen eine asphaltierte Verbindung über das Feld zwischen Nussbaumen und Untersiggenthal. Regelmässige Velofahrer werden aber kaum diese bejubelte «Velovorzugsroute», sondern den kürzeren und schnelleren Weg entlang der Hauptstrassen nutzen.

Dass die Förderung des Fussverkehrs nicht auf die Stufe der Planer vorgedrungen ist, lässt sich – wie hier immer nur als Beispiel – am Nordeingang der Umfahrung Baden zeigen. Wer vom Kappelerhof zum Martinsbergquartier mit seinen Schulen und Arbeitsplätzen gehen will, muss anstelle einer heute nur wenige Meter langen Strecke zweimal lichtsignalgebremst eine Hauptachse überqueren.

Nicht nur die Stadtkerne vom Transitverkehr entlasten
Ein zweites Ziel einer regionalen Verkehrsstrategie sollte sein, Transitverkehr von Wohngebieten möglichst fern zu halten. Mit den vorgeschlagenen, x-fach optimierten Tunnellösungen, nur um den engen Kern von Brugg und Baden herum, verschont man Vorortsgemeinden und Aussenquartiere nicht.

Wegen der engen Verhältnisse und den komplexen Bauwerken sind diese Umfahrungen zudem teuer. Ein Schritt zurück ist nötig. Beispielsweise würde ein Tunnel aus dem Raum Ennetturgi bis zur A1 bei Dättwil vermutlich deutlich weniger kosten und könnte viel mehr Bewohnern der Region eine wesentliche Entlastung bringen.

Wie weiter mit OASE? Nicht nur Altes polieren, sondern auch Neues erdenken. Und dann: Machen, weil sich die Mobilitätsfragen nicht in Luft auflösen.

Kurt Wiederkehr, Gastbeitrag in AZ

Kurt Wiederkehr (68), Ingenieur und Berater, sass bis 2012 für die CVP im Grossen Rat und war langjähriger Stadtrat in Baden.

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